Target Panic nach Kidwell

Klassische Konditionierung

Target Panic ist ein Problem, mit dem jeder Bogenschütze zu tun haben kann. Jay Kidwell, ein Psychologie-Professor aus Kentucky, erklärt Target Panic mit der klassischen Konditionierung.

Der Grund für Target Panic

Schaut man im Internet unter dem Stichwort „Target Panic“ nach, wird man eine große Zahl von Seiten finden, die sich damit beschäftigen. Dabei fällt aber auch auf, dass bei vielen Beiträgen der eigentliche Grund dafür kein großes Thema ist. Da werden Gründe genannt, wie ein zu starker Bogen, die fehlende Konzentration oder die Angst daneben zu schießen.

Der wahre Grund ist die klassische Konditionierung
Das klassische Konditionieren oder Signallernen gilt als eine grundlegende Lernform, sie wird auch als die „einfachste Lernart“ bezeichnet. Basis für diese Art des Lernens bilden angeborene Reflexe, wie z. B. der Lidschlag, die Speichelabsonderung oder der Fluchtreflex.

Der russische Physiologe und Nobelpreisträger Iwan Pawlow (1849-1936) war der erste, der das Phänomen der klassischen Konditionierung beschrieb. Pawlow studierte den Verdauungsapparat des Hundes. Er wusste, dass Hunde bereits beim Anblick und Geruch von Nahrung mit einer erhöhten Produktion von Speichel im Maul reagieren. Er beobachtete jedoch, dass auch bestimmte andere Reize, wie z. B. der Anblick des Futternapfes, bei einem Hund die gleiche Reaktion hervorriefen. Iwan Pawlow stellte sich dann die Frage, ob sich dieses Phänomen auch experimentell wiederholen ließe, was er in einer Serie von Versuchen an Hunden prüfte.

Der Hundeversuch von Pawlow
Reiz und Reaktion: Hunde reagieren auf den Anblick von Futter mit einer vermehrten Speichelbildung. Dabei handelt es sich um einen natürlichen, angeborenen Reflex. Der Reiz Nahrung, der auch als unkonditionierter Reiz bezeichnet wird, löst die Reaktion Speichelfluss aus.

1) Irgendein Reiz und Reaktion: Pawlow verwendete bei seinen Versuchen ein Klingelzeichen, das für den Hund ein neutraler Reiz war, auf den dieser natürlich nicht mit Speichelbildung reagierte.
2) Natürlicher Reiz und Reaktion: Bei einer Wurst löst das beim Hund eine Naturliche Reaktion aus. Er fängt zum Sabbern an.
3) Reiz antrainieren und Reaktion: Pawlow arrangierte sein Experiment nun so, dass unmittelbar vor der Verabreichung des Futters stets ein Klingelzeichen ertönte. Das Versuchstier reagierte beim Anblick oder Geruch des Futters mit vermehrtem Speichelfluss. Nachdem Pawlow den Vorgang einige Male wiederholt hatte, kam es auch dann zur erhöhten Speichelproduktion, wenn das Klingelzeichen ohne das Futter dargeboten wurde.
4) Antrainierter Reiz und Reaktion: Was war geschehen? Obwohl das Klingeln ursprünglich ein neutraler Reiz war und mit dem Futter selbst nichts zu tun hatte, führte es nach dem Experiment doch zuverlässig zur erhöhten Absonderung von Speichel. Aus dem neutralen Reiz war ein konditionierter (gelernter) Reiz geworden, der zur konditionierten Reaktion Speichelfluss führte.

Im beschriebenen Versuch hat der Hund gelernt, einen neutralen Reiz an eine unwillkürliche Reaktion anzubinden. Durch die klassische Konditionierung werden also Reaktionen auf bestimmte Reize gelernt, sie wird deshalb auch zu den Reiz-Reaktions-Theorien gezählt. Basis für diese Art des Lernens sind angeborene Verhaltensweisen.

Bild 1:
Leutet eine Glöcklein, zeigt der Hund keine Reaktion.
Bild 2:
Sieht der Hund eine Wurst, fängt er zum Sabbern an.
Bild 3:
Sieht der Hund eine Wurst und ein Glöcklein leutet, fängt der Hund auch zum Sabbern an.
Bild 4:
Macht man das (Wurst und Glöcklein) eine Zeit lang, fängt der Hund beim Leuten des Glöckleins auch zum Sabbern an.

Target Panic beim Bogenschießen

Wie entsteht nun Target Panic? Einfach ausgedrückt, trainiert (konditioniert) man sich selbst durch einen neuen auslösenden Reiz etwas Neues an, das einen zwingt, früher zu lösen (Reaktion). War es beim Hund das Glöckchen in Verbindung mit der Wurst, ist es beim Bogenschießen beispielsweise der Pfeil in einer bestimmten Position zum Ziel. Es kann aber auch sein, dass man die Hand im Gesicht spürt. Mal macht man es so wie vorher, mal löst man nach diesem neuen Reiz. Nach einiger Zeit übernimmt dieser neue Reiz – ohne dass man es selber merkt – die Steuerung, sprich das Unterbewusstsein löst zu früh.

Wie passt das aber mit dem Pawlowschen Experiment und der klassischen Konditionierung zusammen? In den folgenen 3 Bildern wird der Vergleich mit dem Experiment erklärt. Das gilt aber nur für instinktive Schützen und Gap Shooter (= intuitive Schützen).

Vergleich mit Bild 2 (Pawlow):
Normalerweise lösen wir, wenn wir im Ziel sind. Das ist der Moment, wo wir glauben, dass der Pfeil in der richtigen Position ist und das Unterbewusstsein den Befehl gibt, den Pfeil zu lösen. Das ist eigentlich nur die Reaktion auf einen Reiz.
Vergleich mit Bild 3:
Target Panic passiert durch die klassische Konditionierung. Dabei lernt man unterbewusst (ohne es selbst zu merken) auf einen falschen Reiz zu reagieren. Mal löst man, wenn der Pfeil in der richtigen Position ist, mal schon früher. Aber immer öfter löst man zu früh, ohne es zu merken.
Vergleich mit Bild 4:
Nach einiger Zeit zwingt dieser neue Reiz den Schützen immer zu früh zu lösen (Reaktion). Man hat sich damit Target Panic selbst antrainiert.

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