Zeit lasssen beim Schießen

Viele Bogenschützen haben das Problem, dass sie wesentlich früher als beabsichtigt den Pfeil loslassen. Nicht einmal wenn man versucht bewusst zu lösen, funktioniert es. Hier soll es nicht um Snap Shooter gehen, also Leute, die absichtlich sehr schnell schießen und nicht ankern. Das Problem haben viele, egal welchen Bogen sie schießen.

Dabei gibt es zwei Gruppen von „Schnellschützen". Die einen ballern ihren Köcher in kürzester Zeit leer, schießen also alle Pfeile, die sie haben und lassen sich dabei keine Zeit. Andere dagegen haben Probleme, sich bei jedem Schuss Zeit zu lassen. Sie kommen nicht in den Anker und lösen viel zu früh. Beobachtet man beide Gruppen, kann man oft feststellen, dass auch die Schusstechnik nicht sauber ist. Oft wird die Hand zur Seite weggerissen.

Nicht nur Ballern

Schauen wir uns in der Folge nur die erste Gruppe an, also die „Ballerer". Oft schießen sie in kürzester Zeit alle Pfeile, die sie im Köcher haben. Egal ob der Pfeil getroffen hat oder nicht, wird der nächste Pfeil eingelegt und geschossen. Dabei wird nicht überlegt, warum man nun getroffen hat oder nicht. Da man aber seine Fehler analysieren sollte, um sie dann zu korrigieren, sollte man sich Zeit lassen; und das auch, wenn man nur auf 18 Meter schießt. Dabei wird oft das Argument vorgebracht, dass man besser wird, je mehr Pfeile man schießt. Dem ist aber nicht so. Nur wer eine saubere Technik hat, wird Fortschritte machen. Jeder gute Schuss bringt dich einen Schritt weiter, jeder schlechte einen Schritt zurück. Meist tritt man auf der Stelle.

Worauf sollte man nun achten, um nicht zu schnell zu schießen? Jeder Trainer oder Coach wird sicher darauf hinweisen, dass jeder Schuss ein Prozess ist. Man muss einen Ablauf einhalten, der möglichst immer gleich und vor allem gleich lang ist. Das beginnt mit dem Stand und endet mit dem Nachhalten. Wenn man bei jedem Schuss diesen Ablauf einhält, wird man feststellen, dass man mit der Zeit besser wird.

Hilfen zur Selbsthilfe

Schussablauf einhalten
Ein Hilfsmittel dazu ist die Selbstgesprächsregulation, eine sportpsychologische Methode. Damit geht man den gesamten Schuss Schritt für Schritt durch und sagt sich das im Gedanken immer vor. Die Worte „Stand - Hand - Anker - Los„ bilden den gesamten Schussablauf ab. Bei jedem dieser Punkte kann man an die Unterpunkte denken. Die nebenstehende Grafik zeigt alles, was dabei zu beachten ist. Damit lernt man zum einen Gleichmäßigkeit, aber auch eine saubere Technik.

Fester Ankerpunkt
Im Schussablauf ist sicher der Ankerpunkt, den man erreichen soll, ein wichtiger Punkt. Egal wo man nun ankert, wichtig ist, dass es immer an der gleichen Stelle sein soll. Ankert man einmal höher, einmal tiefer, wird man auch unterschiedlich treffen. Gleiches gilt, wenn man einmal die Sehne vor dem Auge hat, einmal 2 oder 3 Zentimeter daneben. Das wird die Richtung beeinflussen. Wer nun sehr schnell schießt, kann das nicht immer garantieren. Auch nur leichte Abweichungen beeinflussen die Trefferlage. Je weiter das Ziel entfernt ist, desto stärker wird sich das auswirken. Wer nur auf kurze Entfernungen schießt, könnte denken, dass die Treffer gar nicht so schlecht sind. Wenn man beispielsweise auf 20 Meter eine Abweichung von 20 Zentimeter hat, wird sich das bei 50 Meter auf 50 Zentimeter erhöhen. Ziel sollten aber gute Gruppen sein. Aus diesem Grund sollte man sich vor allem beim Punkt ANKER Zeit lassen, sodass man den Ankerpunkt immer exakt gleich trifft. Je fester man dabei im Gesicht steht, desto einfacher ist es. Hat man die Hand nur lose am Gesicht, wird sicher jeder Schuss anders sein.

Zeit lassen zum Zielen
Im Schussablauf spielt auch das Zielen eine wichtige Rolle. Je nach Zieltechnik, wird man schneller oder langsamer schießen können. Jemand der instinktiv zielt, wird höchstwahrscheinlich einen schnelleren Ablauf haben. Zielt jemand über die Pfeilspitze – egal ob das nun immer oder hin und wieder gemacht wird – muss man sich dabei mehr Zeit nehmen.

Instinktivschützen sollten daher üben, sich möglichst früh im Schussablauf auf den Punkt, den sie treffen wollen, zu konzentrieren. Ab dem Zeitpunkt, wo man in die Vorspannung geht, sollte man ihn nicht mehr aus den Augen lassen. Je kleiner dieser Punkt ist, desto besser ist es. Und Systemschützen sollten, ohne zu schießen, oft üben, die Pfeilspitze an den vorher festgelegten Punkt zu bringen. Das sollte langsam, bewusst und überlegt passieren; wohlgemerkt ohne zu schießen!

Fehlende Rückenspannung
Nur zur Wiederholung: Rückenspannung baut man dadurch auf, dass man an den Ankerpunkt kommt und dann noch etwas weiter zieht, ohne den Ankerpunkt zu verlassen. Dadurch muss der Ellbogen eine Rotationsbewegung machen. Das sollte aber sehr sachte und langsam gemacht werden, ohne dass man es von außen sieht.

Wer also zu schnell schießt, den Ankerpunkt nicht erreicht, wird auch keine Rückenspannung aufbauen können. Dadurch wird man seitliche Abweichungen nicht verhindern können.

Üben kann man das, indem man, ohne zu schießen, ankert und dann in die Rückenspannung geht. Dabei sollte man auch ein Gefühl dafür bekommen, wie weit man eigentlich weiter ziehen muss. Wenn man aus der Rückenspannung schießt, wird man das an der Bewegung der Zughand nach dem Schuss sehen. Sie geht von selbst am Gesicht entlang nach hinten und nicht zur Seite. Schießt man viele Pfeile aus der Rückenspannung, wird man es unter Umständen in der Rückenmuskulatur spüren. Das wäre, auch wenn es etwas unangenehm ist, eigentlich ein gutes Zeichen.

Nachhalten
Dabei kann man Nachhalten in zweifacher Hinsicht verstehen. Zum einen betrifft es den Bewegungsablauf. Man sollte zumindest so lange den Bogen Richtung Ziel halten, bis der Pfeil einschlägt. Wer das nicht macht läuft Gefahr, den Bogen schon während des Schusses runterzureißen.

Ein zweiter Aspekt wurde eingangs schon erwähnt. Ich muss jeden Schuss nachher analysieren. Bleibe ich einen Moment in der Schusshaltung, kann ich mir den Schuss durch den Kopf gehen lassen. „Habe ich den Schussablauf eingehalten, habe ich mir Zeit gelassen, habe ich den Ankerpunkt erreicht, bin ich in die Rückenspannung gegangen und ist die Hand am Gesicht entlang nach hinten gegangen?„, sollten mir hier durch den Kopf gehen. Das geht relativ schnell und dauert nur wenige Sekunden.

Schussablauf einhalten:
Eine gute Möglichkeit bietet die Selbstgesprächsregulation. Dabei begleitet man jeden Schuss mit dem Spruch „Stand - Hand - Anker - Los„. An die Punkte dazwischen sollte man dabei immer denken.
Fester und stabiler Anker:
Die Hand steht fest und stabil im Gesicht. Die Sehne sollte möglichst vor und der Pfeil unter dem Auge sein.
Fehlende Rückenspannung:
Schießt man zu schnell, kann man meistens den Ankerpunkt nicht richtig erreichen und die Rückenspannung nicht aufbauen.
Nachhalten:
Man bleibt einige Zeit in der Schussposition, um auch den Schuss zu reflektieren.

Resümee
Lass dir beim Schießen Zeit. Mache alle oben dargestellten Punkte zuerst bewusst und zwar so lange, bis sie unterbewusst, also automatisch ablaufen. Nur wer alle Punkte auch beherzigt, wird Fortschritte machen. Ziel ist es möglichst kleine Gruppen zu schießen. Wer nur hin und wieder in die Mitte trifft, muss so ehrlich zu sich selbst sein, dass es nur Zufall war. Also üben, üben, ...

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