Wann ist ein Coach ein Experte?

Was sollen Leute, die als Experten gelten wollen, wirklich können. Da ist natürlich mehr zu nennen, als dass er/sie gut schießen kann. Die meisten der folgenden Punkte treffen aber sowohl auf gewerbliche Anbieter wie auch auf ehrenamtliche Mitarbeiter in einem Club zu.

1) Ein Coach (der Begriff wird in der Folge für Coach, Trainer und Übungsleiter verwendet) sollte natürlich selbst schießen können. Dabei ist vor allem eine saubere Schusstechnik wichtig. Nur gut zu treffen ist zu wenig. Man muss sehen, wie eine optimale Technik aussieht. Wenn es eine zu große „Bild-Text-Schere gibt, ist Vorsicht geboten. Das ist dann gegeben, wenn das Gesagte mit dem Gezeigten nicht zusammenpasst.

2) Natürlich sollte der Coach auch die dazu passende Theorie kennen und erklären können. Einfach zu behaupten, dass etwas so ist oder so gemacht wird, ist zu wenig. Alles sollte begründet werden können. Das heißt, dass die Erklärung nicht nur beinhaltet, dass eine Rückenspannung notwendig ist, sondern auch warum sie notwendig ist.

3) Ist man in einer längeren Ausbildung, wie in einem mehrere Tage dauerndem Kurs oder einem regelmäßigen Training im Club, sollten auch Ziele formuliert werden. Und diese hängen mit dem Leistungsstand oder dem Potential des Schützlings zusammen. Wenn beispielsweise jemand noch an seiner Schusstechnik arbeitet, ist es eher kontraproduktiv, auf 60 oder mehr Meter zu schießen.

4) Immer wieder passiert es, dass Ratschläge gegeben werden, ohne dass sich der Coach über die wahren Gründe des Versagens Gedanken gemacht hat. Wenn jemand zu kurz schießt, kann es der fehlende Auszug gewesen sein, aber auch der falsche Abschusswinkel. War es der falsche Abschusswinkel, war es ein Fehler in der Zieltechnik, hilft das beste Release nichts. Der Coach muss also den Unterschied zwischen Schuss- und Zieltechnik kennen. Ersteres ist hauptsächlich der Bewegungsablauf, letzteres der Winkel, den der Pfeil beim Abschuss hat.

5) Ein guter Coach wird sein Wissen auch dahingehend einsetzen, den wahren Grund zu suchen. Er wird es unter Umständen nicht sofort sehen, wo der Fehler liegt. Aber bei einer systematischen Analyse, eventuell durch die Ausschlussmethode, wird man den Fehler finden. Unter dieser Methode ist gemeint, dass man der Reihe nach versucht alle denkbaren Fehler auszuschließen. Das kann dauern, wenn man den Grund aber gefunden hat, kann man an der richtigen Stelle ansetzen.

6) Um das auch wirklich effektiv machen zu können, müssen zwangsläufig technische Hilfen eingesetzt werden. Das einfachste Hilfsmittel ist das Smartphone. Dabei kann man dem Schützling ohne große Zeitverzögerung zeigen, wo das Problem liegt. Andere Hilfsmittel wären beispielsweise Sportanalyseprogramme, ein Beamer, ein Chronograph oder auch eine Drohne (ab 2021 nur mit Drohnenführerschein).

7) Nicht alle Bogenschützen können Anregungen oder Verbesserungsvorschläge gleichermaßen umsetzen. Beim einen funktioniert es sofort, beim anderen dauert es etwas länger. Und mancher kann es überhaupt nie lernen. Ein Coach muss die jeweilige Leistungsgrenze des Einzelnen erkennen. Eine Überforderung führt, gerade bei Kindern und Jugendlichen, zu Frustration und nicht selten wird deswegen der Bogen an den Nagel gehängt.

8) Ein Hinweis oder eine Anregung alleine ist aber zu wenig. Der Schützling braucht die richtigen Übungen, die das Problem beheben. Im Extremfall – vor allem bei Kindern und Jugendlichen – braucht es gar keine theoretische Erklärung, sondern nur die Übung, die den Fehler behebt. Dazu muss der Coach eine Fülle von Übungen für alle möglichen Dinge parat haben. Immer nur auf 18 Meter zu schießen, wird langweilig und der Erfolg wird dadurch nicht besser.

9) Um den längerfristigen Erfolg zu garantieren, versucht ein guter Coach auch die Hilfe der Teilnehmer oder Kollegen zu nutzen. Dazu können Partnerübungen angeboten werden. Dabei lernen die Schützen, sowohl richtig zu schießen als auch zu analysieren, ob etwas richtig oder falsch gemacht wird. Das hilft dann jedem wiederum, sich selbst besser wahrzunehmen und zu analysieren.

10) Und natürlich muss der Coach auch Motivator sein. Immer nur die Fehler aufgezeigt zu bekommen, ist auf Dauer frustrierend. Man braucht als Bogenschütze auch positive Rückmeldungen. Aber übertriebenes Loben wird auch nicht viel Erfolg bringen. Also richtig dosiert muss es sein.


Wer also versucht, Leuten etwas beizubringen, sollte auf diesen Mindeststandard achten. Und wer jemand um Hilfe bittet, sollte ebenfalls in der Lage sein, zu beurteilen, ob er es mit einem echten Experten oder mit jemandem zu tun hat, der sich nur so nennt, weil er weiß, wo beim Bogen vorne und hinten ist (Frage: weißt du das selbst?).