Spline bei Holzschäften

Wenn Tüftler aufs Ganze gehen. Wer seine Pfeile optimal abstimmen will, kommt um das Thema Spline (nicht Spine!) nicht herum.

Es tauchte vermehrt die Frage auf, ob auch der Bogenschütze, der mit Holzpfeilen schießt, hier eine Verbesserung erreichen kann. Die Antwort lautet eindeutig ja, da dieser Effekt – allerdings hier in etwas anderer Variante – besonders stark ausgeprägt ist.

Allerdings sollte sich jeder Bogenschütze der mit Holzpfeilen schießt, zunächst fragen, ob er wirklich so tief in die Tuning-Materie einsteigen will, zumal das natürliche Material Holz oft zu viele Unzulänglichkeiten hat und große Schwankungen bei der Homogenität der Struktur im Schaft selbst aufweist. Wer es bei der Theorie belässt, bekommt aber evtl. die Erklärung dafür, warum ein besonderes Exemplar im Pfeilsatz immer aus der Reihe tanzt.

Beim Carbonschaft ist der Spline die härteste Stelle in der Längsachse, zu welcher der Schaft bei der Stauchung beim Abschuss springen will, und zwar dergestalt, dass die harte Seite außen, und die weiche Seite innen auf der Biegung, liegt. Ein Schaft wird bei einer erzwungenen Biegung (egal ob durch eingehängtes Gewicht oder durch Druck an den Enden verursacht) erst dann zur Ruhe kommen, wenn er seine größtmögliche Biegung erreicht hat; das ist mit der weichen Stelle auf der Innenseite der Biegung.

Beim Holzschaft liegen die Dinge völlig anders, wenngleich man diesbezüglich mit einem solchen Gerät ebenfalls bestens arbeiten kann.

Zunächst muss man wissen, dass der Spine, rund herum um den Schaft gemessen, beim Holzschaft erheblich abweicht. Hier liegt natürlich die erste Schwierigkeit bei der Spinewertfestlegung eines Holzschaftes. Wenn beim Hersteller oder Händler an einer anderen Stelle gemessen wird, als man später bei der Befiederung festlegt, gibt es natürlich teils drastische Abweichungen.

Standard sollte sein, dass man senkrecht auf die Jahresringe misst; hier ist der Schaft gewöhnlich am steifsten. Von welcher Seite ist zunächst nicht so wichtig, man sollte das aber so machen, dass dann nach Anbringung der Leitfeder, die Flammen oder Fladern, die nach vorne zeigen, oben liegen und dies so markieren.

Wenn man dann den Schaft befiedert, setzt man die Leitfeder, senkrecht mit den Jahresringen (in einer Linie), auf die Markierung. Die Jahresringe liegen nun horizontal im Schaft, vom Schützen aus gesehen, und die Biegung geht in die gleiche Richtung, wie auch die Messung erfolgt ist.

Wer das dann ordentlich macht, richtet auch die Flammen (auch Fladern genannt) richtig aus. Liegen die Jahresringe horizontal, sieht man diese Flammen, gegenüber liegend und oben und unten auf dem Schaft, die schräg auslaufende Jahresringe sind, welche durch das Drechseln deutlich offengelegt werden. Oft ist die Lage aber auch abweichend, wenn die Jahresringe im Schaft verdreht sind. So einen Schaft sortiert man eigentlich aus. Dabei stellt man sicher, dass die Spitzen der Flammen, die nach vorne zeigen, oben sind und die Spitzen, die nach hinten (zum Schützen hin) zeigen, unten. Bei einem Pfeilbruch, der gerne an einer solchen Stelle stattfindet, hat man dann die gefährlichen, nach vorne gerichteten Spitzen oben und nicht zur Hand des Schützen hin.

Will der Bogenschütze mit Holzpfeilen auch das Tuning-Element Spline einbeziehen, ist diese Ausrichtung des Schaftes natürlich sehr ungünstig, eigentlich sogar grundfalsch. Die Ausrichtung des Schaftes müsste dann um 90 Grad verdreht erfolgen.

Wie schon erwähnt, hat der Holzschaft keinen mit Carbonschäften vergleichbaren Spline. Anstelle einer harten und einer weichen Seite gegenüber hat ein Holzschaft zwei harte und zwei weiche Seiten – senkrecht mit den Jahresringen (hart) oder senkrecht in 90 Grad auf die Jahresringe (weich).

Um die Verwirrung einzugrenzen, kann man das mit der Uhr vergleichen. Schaut der Schütze von hinten auf seinen Schaft (seine Nocke), dann liegen die Enden der Jahresringe bisher auf einer Linie von 9 bis 3 Uhr mit der Leitfeder auf 9 Uhr. Die spitzen Flammen, die nach vorne zeigen, sind dann oben auf 12 Uhr.

Richtet man aber nun – umgekehrt – die ‚weichen‘ Seiten der Biegung zum Bogen hin aus, was auch die dominante Stellung ist, nach der sich der Schaft bei Biegung hindrehen will, verlaufen die Jahresringe dann von 12 nach 6 Uhr. Die Flammen liegen dann links und rechts, auf 9 und 3 Uhr. Hat man sich bisher nach dem Standard für die Spinewertmessung und Ausrichtung der Leitfeder gerichtet, muss man jetzt natürlich berücksichtigen, dass die erste Biegung und damit auch die Ausrichtung der Knotenpunkte auf der ‚weichen‘ Seite stattfindet und dies mit einem höheren Spinewert berücksichtigen.

Diese 90-Grad-Drehung geht natürlich, wegen der Gefahr der Spaltung, nur sehr schwer bei Self-Nocks. Aber hier sollte dieses Thema ohnehin nicht im Vordergrund stehen.

Wer also nach peniblem Auswiegen und Ausspinen und Sicherstellung der Geradheit auch noch den Spline ausrichten will (nochmals: das ist nicht mit dem Spline bei Carbonschäften vergleichbar, hat aber die gleiche Auswirkung), muss umgekehrt vorgehen:
Carbonschäfte (auch teure Alu-/Carbonkomposite) erwirbt man im oft trügerischen Glauben, man habe ziemlich genaue Spinewerte, durchgehend im Satz. Man sucht also den Spline bei Schäften, bei denen man gleiche Spinewerte (auch rundherum) annimmt.

Da diesbezüglich bei Holzschäften nicht nur generell erhebliche Unterschiede bestehen, sondern rundherum auf dem einzelnen Schaft gemessen, stellt man erst die weichste Stelle im Schaft fest (Innenseite der Biegung, später auf 9 Uhr), nach der auch die Leitfeder ausgerichtet wird (gleiche Stelle, auf 9 Uhr). Dann erst misst man den Spine, senkrecht in 90 Grad auf diese Position (die Jahresringe liegen dann im Spinetester horizontal).
Hierbei wird man auch feststellen, dass das natürliche Material Holz gewöhnlich eine andere Ausrichtung bei der Feststellung der weichsten Seite annimmt, als man das präzise mit 90 Grad zu den Jahresringen festlegen kann und auch, dass nicht beide ‚weichen‘ Seiten gleich ausgeprägt sind.

Die weichste Seite und Innenseite der Biegung – was man mit dem Gerät, genauso wie bei den modernen Pfeilmaterialien, schnell feststellen kann – kommt also zusammen mit der Leitfeder auf 9 Uhr. Beim Linkshänder ist dies, auf der anderen Seite, natürlich umgekehrt.