Die 11 Gebote für Möchtegernexperten

1. Gebot: Halte alle anderen für blöd.
Wenn du weißt, wo beim Bogen vorne und hinten ist, bist du bereits DER Experte. Was wollen dir da andere erzählen. Die meisten haben sowieso keine Ahnung. Und treffen tun sie auch nicht. Dass du auch nicht triffst, tut hier nichts zur Sache!

2. Gebot: Lies dich nicht bei einem Experten ein.
Da gibt es tatsächlich Leute, die ein Buch über das Bogenschießen schreiben. Wer braucht eigentlich sowas? Du sicher nicht! Das Bogenschießen kann man oder kann man nicht. Du kannst es auf alle Fälle. Das erarbeitet man sich im Laufe der Zeit, so nach ein bis zwei Wochen selbst.

3. Gebot: Diskutiere mit, auch wenn du wenig Ahnung hast.
Vielleicht merkst du hin und wieder, dass jemand doch etwas mehr weiß und kann als du. In diesem Fall ist eine gute Strategie notwendig. Und die sieht so aus: Trage deine Sicht der Dinge laut und überzeugend und wenn es geht vor Publikum vor. Der Experte wird den Schwanz einziehen und sich mit dir dann nicht mehr anlegen.

4. Gebot: Sei im Internet präsent.
Da gibt es z.B. Foren im Internet, wo es von Experten nur so wimmelt. Verstecke dich hinter einem kryptischen Pseudonamen und poste, was das Zeug hält. Lege deinen Standpunkt nicht nur einmal, sondern immer wieder nach jeweils zwei bis drei Antworten dar. Verweist jemand auf ein Buch oder Video, das deiner Sichtweise entgegensteht, erkläre das einfach als Blödsinn. Und du musst unter der Gürtellinie angreifen. Beispiele dazu: „Ja genau der. Der hat ja auch geschrieben, dass …„, oder „Wer das auch noch glaubt, ist selber schuld.„

Auch auf Facebook sollte man präsent sein. Poste jede Kleinigkeit. Dass ein Pfeil im A… einer 3-D-Scheibe steckt, oder die Wurstsemmel, die du auf der letzten Parcoursrunde gegessen hast. Und poste viele Sprüche, auch wenn sie noch so sinnlos sind. Sie eignen sich sehr gut, um Kompetenz zu beweisen. Ach ja: Frag´ bei jedem und jeder an, ob ihr Facebook-Freunde werden wollt. Je mehr Freunde desto besser, desto mehr Experte.

5. Gebot: Suche nach Fehlern in Büchern und Zeitschriften.
Wer einem anderen Möchtegernexperten einen Fehler nachweisen kann, ist ja dann selbst viel besser. Also kritisiere, was das Zeug hält. Auch wenn du eine Zeitschrift nicht abonniert oder ein Buch gar nicht gekauft hast, musst du unbedingt deinen Senf dazugeben. Wer als Autor mal einen Fehler macht, dem ist ja keine Fachkompetenz zuzutrauen. Schreibe ihm das oder poste es in einem Forum. Deine Rechtschreibfehler spielen dabei überhaupt keine Rolle. Aber aufpassen: Wer immer die gleichen Rechtschreibfehler in Foren oder Mails macht, ist schnell aufgedeckt.

6. Gebot: Hinterlass üble Rezessionen bei Amazon.
Eine Möglichkeit Kompetenz zu beweisen, besteht darin, auf Amazon eine kritische Rezension abzugeben. Ob du das Buch auch gekauft hast, ist dabei zweitrangig. Wenn du beispielsweise am Titelbild einen Fehler erkannt haben willst, schreib eine Rezension darüber. Und wenn dir der Verleger oder Autor antwortet, dass das sehr wohl möglich ist, beschwere dich über den rüden Ton.

7. Gebot: Lästere über jeden.
Du musst deine Kompetenz ja auch in Gesprächen mit anderen Schützen beweisen. Also lass an keinem deiner Bekannten ein gutes Haar. Lass jeden wissen, dass andere bei Turnieren immer besch…., nicht schießen können, sowieso keine Ahnung haben und außerdem unsympathisch sind.

8. Gebot: Lass nur deine Meinung gelten.
Sollte dir jemand widersprechen, fahr sofort schwere Geschütze auf. Damit das funktioniert, muss du nur einige, wenn auch auswendig gelernte, Fakten präsentieren. Damit ist der Käse auch schon gegessen. Dadurch hast du bewiesen, dass du ein Experte bist und nur das, was du sagst, stimmt.

9. Gebot: Schieße nie vor anderen Leuten.

Ein Experte sollte auch schießen können. Da erkennt auch der Laie, wer etwas kann und wer nicht. Das musst du natürlich tunlichst vermeiden. Also stell dich beim Einschießen, wenn andere Leute dir zuschauen könnten, nur an die Schießlinie und wärme dich auf, kontrolliere die Standhöhe, checke die Pfeile oder ziehe nur auf und setze wieder ab. Sollte dich jemand trotzdem in ein Gespräch verwickeln – solche Leute soll es geben – dann ist automatisch das 3. Gebot anzuwenden.

10. Gebot: Rede nur über technische Sachen.
Eigentlich weißt du, dass du nicht so triffst, wie du selbst gerne möchtest. Dein Streukreis auf 20 Meter hat einen Durchmesser von 1 Meter. Auch deine Schusstechnik ist sch…. Deshalb musst du unbedingt auf technische Themen ausweichen, um Kompetenz zu beweisen. Sprich nur über etwas, wo du sicher sein kannst, dass es ein Randthema ist und dein Gesprächspartner keine Ahnung hat. Themen wären da: Der Spline (mit „l„ geschrieben), der Pivot Point bei Bögen, der Nock Travel bei Änderung der Standhöhe oder auch der FOC.

11. Lass bei Anfängern den Experten heraushängen.
Die Gefahr, dass trotzdem jemand checkt, dass du nicht der Experte bist als der du dich ausgibst, besteht immer. Also such dir immer Leute aus, von denen du schon aufgrund der Ausrüstung annehmen kannst, dass sie Anfänger sind. Ein weißer Recurve oder unterschiedliche Pfeile im Köcher sind dabei untrügliche Zeichen. Auch Flip-Flops am steilen Parcours weisen darauf hin. Ihnen kannst du alles erklären und zeigen. Ein Wegwerf-Release genauso wie dass du 5 Zentimeter neben dem Gesicht „ankern„ sollst.

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